In diesem Artikel sind mögliche Modifikationen für Kassettendecks gesammelt.
Sicherheitshinweis
Kassettendecks und Kassettenrecorder werden im Allgemeinen mit 230V Wechselspannung versorgt. Auch wenn die hier aufgeführten Modifikationen keine Umbauarbeiten am Netzteil beinhalten, so ist trotzdem vorsicht geboten! Aus einer Steckdose mit 230V können sehr große Mengen an Energie entnommen werden, die bei Nichtbeachtung der fünf Sicherheitsregeln und unvorsichtigem Arbeiten durch deinen Körper fließen kann! Deshalb rate ich zur Vorsicht bei der Arbeit am offenen Gerät! Umbauarbeiten anhand der hier bereitgestellten Umbauanleitungen erfolgen auf eigene Verantwortung!
Austausch der automatischen Kassettentyperkennung durch eine manuelle
Beschreibung des Problems
Im Laufe der Zeit kann bei älteren Kassettendecks die automatische Erkennung des Kassettentyps kaputtgehen. Die Erkennung des Kassettentyps ist wichtig, um die Klangqualität zu verbessern. Schlägt sie fehl, kann dies dazu führen, dass eine Kassette mit dumpfem Ton wiedergegeben wird.
Die Erkennung des Kassettentyps wird mechanisch durch zwei Taster durchgeführt, die beim Einlegen der Kassette je nach Typ unterschiedlich eingedrückt werden. Kassetten haben an der Unterseite zwischen den Schreibschutz-Lamellen entweder keines, zwei oder vier Löcher. Kein Loch bedeutet, dass es sich um eine Typ I Kassette (Eisenoxid) handelt. Typ II (Chromdioxid) besitzt zwei Löcher, Typ IV (Metall) hingegen vier Löcher.
In älteren Kassettendecks kann es vorkommen, dass sich die Taster nicht mehr richtig biegen und beim Eindrücken kein Kontakt oder ein Wackelkontakt zustande kommt. Letzterer kann je nach Kassettendeck beim Abspielen zu Knistern führen und beim Aufnehmen ähnliche Geräusche produzieren, wie wenn eine Plattenspielernadel über die Rillen einer Platte springt.
Benötigte Elektroteile
- Flachbandkabel/Datenkabel, 4 Adern
- Schalter: 2-Bit DIP-Schalter oder ähnliche, je nach Fingerspitzengefühl und Platz auf der Frontseite des Kassettendecks
- Ausschnitt aus einer leeren Platine (für DIP-Schalter)
Benötigtes Werkzeug
- Lötzinn
- Lötkolben
- Entlötlitze oder Entlötsaugpumpe
- Bohrer oder Akkuschrauber mit Bohraufsatz, kleine Feile (zum Bohren und Feilen in Kunststoff)
Umbau
Die automatische Typerkennung kann einfach durch eine manuelle Typerkennung ausgetauscht werden, indem die Taster ausgelötet und an ihre Stelle vier Kabel angelötet werden, die zu zwei Schaltern führen, welche über ein neues Loch in der Frontseite des Kassettendecks bedient werden können. Je nach verwendeten Schaltern kann es notwendig sein, diese am Gehäuse festzukleben um zu verhindern, dass sie ins Gehäuse hineinrutschen.
Der Kassettentyp wird normalerweise durch LEDs oder im Hauptdisplay des Kassettendecks angezeigt, sodass der gewünschte Kassettentyp durch Bedienung der beiden Schalter eingestellt werden kann.
Langspielmodus nachrüsten
Problembeschreibung
Heutige Kassetten bieten durch eine stärkere Verdichtung der magnetischen Partikel gegenüber älteren Kassetten eine sehr gute Klangqualität, die sehr nah an der von CDs liegt (abgesehen vom Rauschen). Für längere Sprachaufzeichnungen von Diskussionsrunden oder Präsentationen sind Kassetten im normalen Abspielmodus weniger gut geeignet, da die Aufzeichnungsdauer zu kurz ist und ein Seitenwechsel bzw. bei langen Diskussionsrunden sogar ein Kassettenwechsel notwendig ist. Für Sprachaufzeichnungen ist die Klangqualität allerdings auch nicht so wichtig, sodass die Abspielgeschwindigkeit der Kassette reduziert werden kann, um mehr “Speicherplatz” pro Seite verfügbar zu haben. Aus Gründen der Einfachheit soll die Bandgeschwindigkeit im Langspielmodus die Hälfte der normalen Bandgeschwindigkeit betragen.
Hinweis
Diese Methode funktioniert nur bei Kassettendecks, die einen einfachen Gleichstrom-Bürstenmotor als Antrieb verwenden. Kassettendecks, die Wechselstrommotoren oder Drehstrommotoren als Antrieb verwenden, müssen anders auf den Langspielmodus umgerüstet werden, was nicht Teil dieser Anleitung ist. Bitte stelle vorher durch eine Messung mit dem Voltmeter sicher, dass der Motor deines Kassettendecks mit Gleichstrom versorgt wird.
Benötigte Elektroteile
- Einstellbarer getakteter Spannungswandler (z.B. W78-ADJ)
- Litze
- Umschalter (je nach verwendetem Spannungswandler einpolig oder zweipolig)
- Diode (z.B. BY-133)
Benötigtes Werkzeug
- Lötzinn
- Lötkolben
- Entlötlitze oder Entlötsaugpumpe
- Bohrer oder Akkuschrauber mit Bohraufsatz
- Multimeter bzw. Voltmeter
- Oszilloskop bzw. Computer mit Frequenzanalyse-Software (z.B. jaaa)
- Soundkarte und Tongenerator-Software (z.B. speaker-test)
- Zweites Kassettendeck
Umbau
Um den Langspielmodus nachzurüsten, wird zwischen der Motor-Energieversorgung und dem Motor ein einstellbarer, getakteter Spannungswandler eingebaut. Ob ein einpoliger Schalter ausreicht hängt vom verwendeten Spannungswandler und dessen Verwendungsmöglichkeiten an einer Gleichspannungsquelle ab.
Bei Verwendung des Spannungswandlers W78-ADJ kann die Minusleitung direkt zum Motor durchgeschleift werden. Der einpolige Umschalter leitet dann je nach Stellung entweder die Motor-Versorgungsspannung direkt an den Motor weiter oder führt die Motor-Versorgungsspannung dem Spannungswandler zu, der eine niedrigere Ausgangsspannung an den Motor liefert. Die Diode wird zwischen dem positiven Spannungsausgang des Spannungswandlers und dem Motor eingebaut um zu verhindern, dass Strom in den Spannungsausgang des Spannungswandlers hineinfließt, was zu dessen Zerstörung führen kann.
Der Umschalter wird über ein zusätzliches Loch in der Frontseite des Kassettendecks zugänglich gemacht. Je nach Schalterstellung wird die Kassette im normalen Abspielmodus oder im Langspielmodus abgespielt.
Einstellen der Bandgeschwindigkeit im Langspielmodus
Nach den Umbauarbeiten muss die Bandgeschwindigkeit im Langspielmodus richtig eingestellt werden. Der Langspielmodus soll die halbe Bandgeschwindigkeit des normalen Abspielmodus verwenden. Dazu wird auf einem zweiten Kassettendeck eine Kassette mit einem konstanten Sinuston aufgenommen. Zur Aufnahme des Sinustons kann das Programm speaker-test (aus dem Paket alsa-utils) folgendermaßen genutzt werden:
speaker-test -f 500 -t sine -l 0
Dieser Befehl generiert einen 500 Hz Sinuston in einer Endlosschleife. Bei der Generierung sind kurze Unterbrechungen möglich, was aber kein Problem darstellt, solange der Sinuston konstant ist. Nun werden ein paar Minuten einer Kassette mit dem Sinuston bespielt. Die Kassette wird anschließend in das umgebauten Kassettendeck eingelegt, der Langspielmodus eingestellt und das Kassettendeck mit einem Oszilloskop oder dem Computer verbunden.
Frequenzanalyse am Computer
Im Falle, dass ein Computer verwendet wird, wird der Kopfhörerausgang des Kassettendecks mit dem Mikrofon- oder Line-In-Eingang des Computers verbunden und eine Frequenzanalyse-Software gestartet, zum Beispiel das Programm jaaa:
jaaa -A -d default
Der Befehl sagt jaaa, dass ALSA als Soundsystem auf der Soundkarte “default” verwendet werden soll. jaaa zeigt anschließend eine GUI mit dem Frequenzspektrum an. Über die Knöpfe und dem Einstellungsfeld mit den beiden Pfeiltasten auf der rechten Seite der GUI kann die Anzeige angepasst werden. Über die Buttons “Min” und “Max” kann im Verbindung mit dem darunter liegenden Einstellungsfeld die minimal und maximal angezeigte Frequenz angepasst werden. “Cent” gibt an, bei welcher Frequenz die Anzeige zentriert sein soll. Für unseren Fall empfiehlt sich, “Cent” auf 250.000 (250 Hz), “Min” auf ca. 200.000 und “Max” auf ca. 300.000 zu setzen. “Range” im Bereich “Amplitude” kann auf “30 dB” verkleinert werden.
Während des Einstellens (siehe unten) kann die Funktion “Pk Hold” nützlich sein, um die mittlere höchste Frequenz zu erkennen. Die Bandgeschwindigkeit varriiert leicht, sodass die Frequenz nicht konstant gehalten wird und schwankt. Mittels “Pk Hold” kann ein Mittelwert abgeleitet werden, der bei 250 Hz liegen sollte.
Oszilloskop
Das Oszilloskop wird mit dem Kopfhörerausgang oder den Line-Out-Ausgängen des Kassettendecks verbunden. Anschließend wird das Oszilloskop so eingestellt, dass eine Frequenz von 250 Hz erkannt werden kann.
Einstellen der Bandgeschwindigkeit
Während der Wiedergabe des Sinustons am modifizerten Kassettendeck wird mit einem Schraubenzieher die Stellschraube am Spannungswandler so eingestellt, dass ein Sinuston mit 250 Hz zu hören ist.
Aufnahme von “Langspiel-Kassetten”
Mit dem modifizerten Kassettendeck hat sich der verfügbare “Speicherplatz” auf üblichen Kassetten verdoppelt: Auf C60-Kassetten stehen jetzt 120 Minuten (60 Minuten pro Seite) zur Verfügung, auf C90-Kassetten jetzt insgesamt 180 Minuten.
Die Aufnahmezeit kann computergestützt halbiert werden, wenn das Kassettendeck in normaler Bandgeschwindigkeit aufnimmt und am Computer die aufzunehmenden Audiodaten in doppelter Geschwindigkeit abgespielt werden.
Ergebnisse und Ausblick
Erste Tests haben gezeigt, dass sich die Bandqualität im Langspielmodus stärker auf die Audioqualität auswirken kann als im normalen Abspielmodus. Je nach verwendeter Kassette und deren Dichte an magnetischen Partikeln klingt eine Aufnahme im Langspielmodus entweder dumpf oder trotz der geringeren Bandgeschwindigkeit sehr klar.
Die Bandgeschwindigkeit könnte theoretisch noch weiter auf 1/4 der Standardgeschwindigkeit reduziert werden. Mit Kassetten, die mit “CD-Qualität” beworben wurden, könnte auch mit einem Viertel der Bandgeschwindigkeit ausreichend Bandbreite zur Verfügung stehen, sodass Sprachaufnahmen möglich wären und der vierfache “Speicherplatz” zur Verfügung stehen würde. Sofern die Verwendung digitaler Kodierverfahren praktikabel ist, könnte der zur Verfügung stehende Speicherplatz mit einer sehr niedrigen Bandgeschwindigkeit (und daraus folgend sehr niedrigen Bitrate) eventuell noch weiter erhöht werden.